Die verschiedenen Arten der Selbstorganisation von agilen Teams
Was bedeutet es eigentlich, wenn man sagt, dass ein agiles Team selbstorganisiert ist? Und ist das überhaupt der richtige Begriff? Manche Leute sprechen von Selbstmanagement. Um herauszufinden, welcher Terminus besser passt, schauen wir uns vier verschiedene Ebenen an Autorität für agile Teams an.
Vier Möglichkeiten für die Verteilung von Autorität in selbstorganisierten Teams
Richard Hackman, ein Professor der Harvard University, beschreibt vier Autoritätslevel für Teams. Diese Level sind wichtig, wenn man zum Beispiel eine agile Transformation einleiten will, bei der sich diese Autoritätslevel unweigerlich verschieben werden. Schauen wir uns diese vier Level einmal an. Wir beginnen mit dem Level mit der geringsten Autorität.
Teams mit der wenigsten Autorität sind managergeführte Teams (manager-led teams). Managergeführte Teams haben die Autorität, die Arbeiten auszuführen, die ihnen zugewiesen werden. Allerdings haben managergeführte Teams keine Autorität über den Prozess – diese obliegt dem Manager.
Als nächstes kommen laut Hackman sich selbst führende Teams (self-managing teams, self-organizing teams). Zusätzlich zu der Ausführung der Arbeiten managen sich selbst führende Teams selbst ihre Prozesse und können selbst entscheiden, wie sie arbeiten möchten. Dazu gehört beispielsweise, ob sie mit dem agilen Ansatz arbeiten werden (oder eben nicht).
Noch mehr Autorität bekommen sich selbst gestaltende Teams (self-designing teams). Sich selbst gestaltende Teams haben die zusätzliche Autorität darüber, das Team selbst zu gestalten. Diese Teams können jemanden aus dem Team werfen, jemanden neu einstellen oder eine andere Person in das Team aufnehmen usw. In einigen Fällen erhalten sich selbst gestaltende Teams auch die Autorität über sogenannte Berichtsbeziehungen (reporting relationships) sowohl innerhalb des Teams als auch mit Personen außerhalb des Teams.
Die Teams mit der meisten Autorität sind autonome Teams (self-governing teams). Autonome Teams haben die Autorität, über das Ziel bzw. die Hauptaufgabe des Teams zu entscheiden. Beispielsweise könnte ein autonomes Team selbst darüber entscheiden, statt eines akustisches Messgerätes ein Videospiel zu entwickeln.
In folgender Tabelle sind die vier Arten von Teams noch einmal zusammengefasst:
Team | Autorität |
managergeführt | Nur Autorität über die Ausführung der Arbeit |
selbst führend | Zusätzlich Autorität darüber, wie die Arbeit ausgeführt wird (Prozess) |
selbst gestaltend | Zusätzlich Autorität über Teamkonstellation & evtl. über Berichtsbeziehungen |
autonom | Zusätzlich Autorität über Ziel bzw. Hauptaufgabe des Teams |
Wo funktioniert Selbstorganisation?
Laut Hackmans Autoritätshierarchie werden selbstorganisierte agile Teams als sich selbst führende Teams eingestuft. Agile Teams managen selbst ihre Arbeit (Welches Teammitglied übernimmt welche Aufgabe?) sowie die Art und Weise, wie diese Arbeit erledigt wird (Arbeiten wir mit Kanban oder Scrum? Wie lang sollten unsere Sprints sein?). Agile Teams sind jedoch nicht selbst gestaltend oder gar autonom. Selbstorganisierte agile Teams haben also Autorität über ihre Arbeit und Prozesse, allerdings nicht darüber, wer Teil des Teams ist oder was das Ziel des Teams ist.
Selbstorganisation oder Selbstmanagement?
Welchen Begriff Sie nun verwenden, können Sie sich im Grunde genommen aussuchen. Ich persönlich bevorzuge Selbstorganisation aus zwei Gründen:
Erstens wurde es so auch in dem allerersten Artikel über Scrum (HBR.org, 1986)– dem ältesten agilen Framework – beschrieben. Die beiden Autoren, Takeuchi und Nonaka, sahen die Selbstorganisation als einen der sechs notwendigen Merkmale für einen „schnellen flexiblen Prozess” an.
Zweitens finde ich die Ursprünge der Selbstorganisation in der Chaos-Theorie sehr hilfreich, wenn es um Teamverhalten geht. Beispielsweise zeigt ein Vogelschwarm in der Luft selbstorganisiertes Verhalten. Das Gleiche gilt für eine Ameisenkolonie, ein Bienenvolk oder Autos auf einer Autobahn. Solche Beispiele für Selbstorganisation aus der Natur zeigen häufig sehr gut, was Selbstorganisation für ein agiles Team bedeuten kann.
Wenn man beispielsweise wie ich in Colorado lebt, sieht man oft ganze „Städte” von Präriehunden – einem Tunnelsystem, das die Präriehunde in die Erde graben. Sie graben ihre Tunnel nicht nach einem ganz bestimmten Masterplan. Sie fangen einfach an zu graben und wenn sie auf einen Stein treffen, graben sie um ihn herum. Auch ein Team fängt an, in eine Richtung zu arbeiten. Wenn sich diese Richtung als falsch erweist, ändert das Team den Kurs und weicht dem Hindernis aus, genau wie es die Präriehunde machen.
Fazit zur Selbstorganisation bei agilen Teams
Aufgrund seiner Geschichte in der agilen Literatur und der Nützlichkeit der Beispiele für Selbstorganisation ist dieser Begriff mein persönlicher Favorit. Wenn Sie den Begriff Selbstmanagement bevorzugen, können Sie ihn natürlich ebenso verwenden.
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