Servant Leadership: Wie funktioniert Führung im agilen Kontext?
Die Rollen von Scrum Master und Product Owner werden von vielen anfangs als führende Positionen mit klassischen Leadership-Aufgaben eingeschätzt. Doch anstatt den Team-Mitgliedern vorzugeben, was sie im Einzelnen tun sollen, agieren Scrum Master und Product Owner als Servant Leader, die dem Team bei seiner Selbstorganisation helfen.
Du fragst dich, wie ein Leadership Model mit einer “dienenden Führungskraft” funktionieren kann und welche Vorteile es bringt? In diesem Artikel erhältst du eine verständliche Servant Leadership Definition, damit du dein Team anschließend auf dem Weg zum Erfolg bestmöglich unterstützen kannst.
Sechs Vorteile selbstorganisierter Teams
Warum sollte ein Servant Leader ein Team überhaupt bei der Selbstorganisation unterstützen? Sagt das klassische (tayloristische) Führungsmodell nicht, dass lieber ein kluger Kopf denken und die anderen die Vorgaben umsetzen sollen?
Tatsächlich ist das selbstorganisierte Arbeiten nicht nur im Agilen Manifest verankert – seine Vorteile liegen auch klar auf der Hand:
- Teams, die eine von der Führungsriege vermittelte Vision teilen, sind motivierter und liefern mehr und besseren Output, als wenn sie einfach nur Befehlen der Vorgesetzten folgen.
- Flexible Handlungsmöglichkeiten werden nicht durch Bürokratie und Umwege über Hierarchieebenen gestört, da das Team selbst die Entscheidungen trifft: So wird schnelles und agiles Arbeiten möglich.
- Der Team-Erfolg gelingt unabhängig von den Führungsqualitäten eines Einzelnen.
- Ein selbstorganisiertes Team ist als Kollektiv verantwortlich, so dass individuelle Ausfälle automatisch aufgefangen werden.
- Gegenseitige Hilfe und Coaching innerhalb des Teams werden gefördert, was für eine schnellere und effizientere Weiterentwicklung – und damit Leistungssteigerung – sorgt.
- Das selbstorganisierte Team nimmt benötigte Hilfe von außen rechtzeitig in Anspruch, da es selbst am besten weiß, was es braucht.
Auch Selbstorganisation braucht Führung
Dass Selbstorganisation in Teams erfolgsentscheidende Vorteile bringt, ist nun klar. Doch da die meisten Menschen noch geprägt sind von klassischer Führung in hierarchischen Strukturen, müssen sie zunächst zur Selbstorganisation angeleitet werden. Wenn du also Scrum Master bist, liegt es an dir, dein Team im Rahmen deiner Servant Leadership in die Selbstorganisation zu führen.
Aber was genau bedeutet eigentlich Selbstorganisation und wie erreichst du diese für dein Team?
- Im Gegensatz zum klassischen Führungsstil musst du zunächst die meisten Entscheidungen, die das Team betreffen, dezentralisieren. Das bedeutet: Nicht du als Führungskraft entscheidest für das Team, sondern das Team erhält die Erlaubnis, selbst zu entscheiden.
- Damit dein selbstorganisiertes Team überhaupt in der Lage ist, selbst zu entscheiden, musst du das Team dazu befähigen, sprich: Du sorgst dafür, dass das Team über die nötigen Informationen und Fähigkeiten verfügt.
Hast du als Scrum Master diese Voraussetzungen geschaffen, agierst du bereits als Servant Leader. Was außerdem zu diesem modernen und agilen Führungsstil gehört, schauen wir uns im Folgenden im Detail an.
Servant Leadership – eine Definition
Der Begriff Servant Leadership (übersetzt “dienende Führung”) wurde ursprünglich geprägt von Robert K. Greenleaf, dem Gründer des Greenleaf Center for Servant Leadership.
Servant Leadership bedeutet, dass eine Person in ihrer Rolle als Servant Leader das Team unterstützt und ihm so dient, dass es seine Aufgaben selbstorganisiert erledigen kann, um die Produkt-Vision bestmöglich umzusetzen gemäß der Prinzipien und Geschäftsziele des Unternehmens.
Demnach hat ein Servant Leader die Aufgaben:
- das Team zu ermutigen,
- es zu befähigen
- und für die nötige Weiterentwicklung zu sorgen,
damit das Team sich kontinuierlich in seiner Leistung steigern kann (sichtbar u. a. in Velocity und Kundenzufriedenheit).
Indem der Servant Leader dafür sorgt, dass (passend zu den Scrum Werten) Mut, Offenheit, Respekt, Fokussierung und Commitment innerhalb des Teams gelebt werden, schafft er eine Umgebung, in der Fortschritt, Kreativität und Verbesserung überhaupt erst möglich werden. Der Fokus z. B. eines Scrum Masters als Servant Leader liegt immer auf den Bedürfnissen des Teams und damit automatisch jenen, denen das Team dient – den Kunden.
Das macht den Servant Leader aus
Einem Servant Leader geht es weder um seine Macht noch um seinen Titel. Tatsächlich geht es ihm in erster Linie gar nicht um sich selbst, sondern um das Team und das, was das Team unter idealen Voraussetzungen für das Unternehmen und die Kunden schaffen kann. Dieses freiwillige Abgeben von Macht führt dazu, dass sich die Team-Mitglieder nicht nur sicherer fühlen – sie fühlen sich dadurch auch selbst verantwortlich für den Erfolg des Teams und zeigen entsprechendes Engagement.
“Servant Leaders serve by leading and lead by serving”
Eine weitere wichtige Eigenschaft des Servant Leader ist, dass er den Team-Mitgliedern tatsächlich zutraut, dass sie eigene Entscheidungen treffen können. Er ist also in der Lage, dem Team zu vertrauen – etwas, das Leadern mit traditionellem Führungsstil extrem schwerfällt, weil sie nie gelernt haben, Kontrolle abzugeben, was sie aber zum Beispiel innerhalb einer agilen Transformation lernen müssen.
Der Servant Leader weiß, wie erfolgsentscheidend Transparenz und regelmäßige, direkte Kommunikation sind, und schafft aktiv eine Atmosphäre dafür. Ihm liegt viel an einem funktionierenden Miteinander und einer kollaborativen Unternehmenskultur. Er ist emphatisch und hat immer ein offenes Ohr für das Team. Der Servant Leader ist von Natur aus bescheiden und nimmt sich selbst zurück, denn es ist ihm viel wichtiger, etwas Sinnvolles für das Team, das Unternehmen und dessen Kunden zu tun.
Fazit: Leadership im agilen Kontext
Servant Leadership im agilen Kontext bedeutet das Gegenteil von dem, was wir aus der klassischen Führung kennen (und fürchten):
Anstatt Macht auszuüben und sich auf Rechte zu berufen, die sich aus einer Hierarchie ergeben, fördert der Servant Leader den kollaborativen Ansatz innerhalb des Teams – und damit im gesamten Unternehmen.
Ein guter Servant Leader unterstützt die Team-Mitglieder so, dass sie sich sicher fühlen können. Das sorgt nicht nur dafür, dass Mitarbeiter sich trauen, das Beste aus sich selbst herauszuholen und eigene Ideen und Lösungen einzubringen. Es sorgt auch dafür, dass Mitarbeiter dir als Servant Leader vertrauen und dir gerne und freiwillig folgen. So einfach kann es sein, Mitarbeiter zu Fans des eigenen Unternehmens zu machen.
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